Die sogenannte Welserschule befindet sich im Stadtzentrum und deshalb auf einem historisch bedeutsamen Boden.
Historisch deshalb, weil Kaiser Augustus vor über 2000 Jahren mit seinen römischen Gefolgsleuten an diesem Ort ansiedelte. Als Namensgeber der Stadt Augsburg (von Augusta Vindelicorum) wusste schon der damalige Kaiser die Schönheiten der heutigen schwäbischen Hauptstadt zu schätzen. Bedeutsam, weil sehr zur Freude der Archäologen und Heimatkundler und zum Leidwesen der Bauherren immer wieder neue Funde zutage kommen.
Jede künftige Baumaßnahme muss daher mit besonderer Vorsicht erfolgen, da bei jeder weiteren Ausgrabung neue Funde entdeckt werden könnten. Dies erklärt auch, warum wir 1995 unser Schulhaus nach oben ausgebaut haben und nicht nach der Seite, wo auch ausreichend Platz gewesen wäre.
Auf diesem Grundstück unterrichteten schon im späten Mittelalter die Jesuiten im Kolleg St. Salvator. Die Überreste dieser Schule können noch im angrenzenden kleinen goldenen Saal besichtigt werden. Die Säkularisation brachte die Umwandlung in eine bayerische Kaserne.
Die Gebäude fielen in einer Bombennacht des Jahres 1944 in Schutt und Asche. Nach dem Krieg entstand zwischen 1955 und 1956 die kaufmännische Berufsschule, die von Anfang an mit Raumnot zu kämpfen hatte. Auf Grund der ständig steigenden Schülerzahl wurde bei anderen Schulen nachgefragt, ob man nicht einige Räume für die Berufsschule IV zur Verfügung hätte. Auf dem Höhepunkt im Jahre 1979 zählte man über 5000 Schüler, die auf drei Schulhäuser verteilt waren. Zur Entlastung der Berufsschule IV wurde noch im gleichen Jahr die kaufmännische Berufsschule V errichtet. Dieser Schule sind alle nicht bei der IHK registrierten Berufe zugeordnet.
Damit war das Raumproblem aber nur vorübergehend vom Tisch. Die Ausweitung des Unterrichts bei den bestehenden Berufen löste man im Jahre 1993 durch eine Sprengeländerung. Die Auszubildenden der Betriebe im Landkreis Augsburg besuchen jetzt nicht mehr die Berufsschule in Augsburg, sondern die Berufsschule in Neusäß. Die Berufsschule IV ist somit nur noch für das Stadtgebiet und nicht mehr für den ganzen Landkreis zuständig.
Eine Aufstockung des Schulgebäudes im September 1995 erbrachte fünf weitere Klassenräume. Jetzt steht den Schülern, Lehrern und der Verwaltung ein gemeinsames Haus zur Verfügung.
Eine kurze Geschichte des Namens unserer Schule
von Armin Stegmüller
Unsere kaufmännische Berufsschule heißt „Welserschule“. Am Eingang zum Sekretariat befindet sich ein kleines Bild, das Portrait eines gewissen Bartholomäus Welser; daneben ein riesiges Wandbild mit dem Titel „Landung der Welser in Venezuela“. Wer waren diese Welser? Welche Bedeutung hat der Mann auf dem kleinen Gemälde? Was machten die Welser in Venezuela?
Beginnen wir in früher Zeit: Der Aufstieg der Augsburger Familie Welser in die städtische Elite erfolgte im 14. Jahrhundert durch geschicktes Heiraten, durch Handelsaktivitäten und durch ‚Investitionen‘ in landwirtschaftliche Güter und Immobilien aufgrund von Pacht-, Kauf- und Lehensverträgen. Außerdem übernahmen die Welser verschiedene politische Funktionen in der Stadt Augsburg. Im 15. Jahrhundert finden sich bereits konkretere Belege über eine Welsersche Handelsgesellschaft. Zusammen mit anderen Augsburger Familien wurden der Baumwoll- und Textilhandel über Venedig, Nürnberg und Frankfurt ausgebaut, Handelsbeziehungen in die Niederlande geknüpft sowie Safran- und Pfefferimporte durchgeführt. Ferner knüpfte die Familie Kontakte zu italienischen Banken. So wurde es möglich, die Welser Gesellschaften auch für Geld- und Brieftransporte zu nutzen; der Einstieg ins Bankgeschäft war erkämpft.
Im Jahr 1480 landete das damalige Familienoberhaupt Anton Welser der Ältere einen Coup. Durch die Heirat mit Katherina Vöhlin, einer Tochter des reichsten Memminger Handelshauses, verbanden sich zwei große Handelshäuser zu einem Unternehmen, das künftig international und kapitalstark agieren konnte. Neben den Aktivitäten im Textilhandel gelang der Einstieg in den Bergbau und die Finanzierung einer eigenen Flotte in den Niederlanden für den Waren- und Seehandel. 1505 investierte die Welser-Gesellschaft in eine Gewürzexpedition nach Indien, begleitetet vom Welser-Vertrauten Balthasar Sprenger. Dieser verfasste übrigens ein Tagebuch, das zu den ältesten der deutschen Sprache gehört.
Vor allem im 16. Jahrhundert kam die Zeit der „großen Anleihen“. Gewaltige Kreditsummen wurden bei den Welsern in Anspruch genommen. Im Jahre 1519 wurde der spanische Habsburger Karl V. zum Deutschen Kaiser gewählt. Die Welser hatten zusammen mit den Fuggern die zur Bestechung der Kurfürsten notwendigen Gelder in Form von Krediten an Karl V. mobilisiert. Diese Art der ‚Bestechung‘ war allerdings in damaliger Zeit keineswegs anrüchig, sondern sogar notwendig, um die ‚Macht‘ des Kandidaten auf den Kaiserthron zu demonstrieren. Zur Zeit des Bartholomäus Welser war Kaiser Karl V. ein Herrscher in einem Reich, in dem „die Sonne nie unterging“. Karls Reich umfasste das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen, das Königreich Spanien und auch einige Kolonien in Amerika. Die Welser und die Fugger steuerten in diesem Reich den Kapital- und Geldmarkt, um die eigenen Gewinne zu maximieren. Die Welser waren eine in der damaligen Zeit bedeutende, reiche, einflussreiche Kaufmannsfamilie, deren Name bis in die heutige Zeit wirkt und die für unsere kaufmännische Berufsschule Pate stand.
Durch das anwachsende Vermögen war es auch möglich, Kredite zu vergeben. Die beiden großen Firmenlenker Anton Welser der Jüngere und Bartholomäus Welser bauten die Bankgeschäfte exzessiv aus. Kredite in unvorstellbaren Höhen wurden an Kaiser und Könige ausgegeben.
Vor allem im 16. Jahrhundert kam die Zeit der „großen Anleihen“. Gewaltige Kreditsummen wurden bei den Welsern in Anspruch genommen. Im Jahre 1519 wurde der spanische Habsburger Karl V. zum Deutschen Kaiser gewählt. Die Welser hatten zusammen mit den Fuggern die zur Bestechung der Kurfürsten notwendigen Gelder in Form von Krediten an Karl V. mobilisiert. Diese Art der ‚Bestechung‘ war allerdings in damaliger Zeit keineswegs anrüchig, sondern sogar notwendig, um die ‚Macht‘ des Kandidaten auf den Kaiserthron zu demonstrieren. Zur Zeit des Bartholomäus Welser war Kaiser Karl V. ein Herrscher in einem Reich, in dem „die Sonne nie unterging“. Karls Reich umfasste das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen, das Königreich Spanien und auch einige Kolonien in Amerika. Die Welser und die Fugger steuerten in diesem Reich den Kapital- und Geldmarkt, um die eigenen Gewinne zu maximieren. Die Welser waren eine in der damaligen Zeit bedeutende, reiche, einflussreiche Kaufmannsfamilie, deren Name bis in die heutige Zeit wirkt und die für unsere kaufmännische Berufsschule Pate stand.
Im 16. Jahrhundert expandierte das Unternehmen zu einem global agierenden Giganten. Neben dem Gewürzhandel über Ostindien und dem Handel mit Baumwolle, Kupfer, Silber, Gold, Perlen und Medikamenten besaßen die Welser Zuckerplantagen in Spanien und betrieben Sklavenhandel auf der ganzen Welt. Ganze Schiffsflotten für die gewaltsame Eroberung Venezuelas wurden finanziert. Der Sklavenhandel in Venezuela sollte ‚optimiert‘, dortige Bodenschätze ausgebeutet werden. Ein Wandbild in unserer Schule zeigt – äußerst verklärend! – diese „Landung der Welser in Venezuela“.
Bartholomäus Welser schickte seine Leute ferner auf die Suche nach einem nebulösen Goldreich in Venezuela. Durch einen Vertrag mit Kaiser Karl V. hatte Bartholomäus Welser die Pflicht, Venezuela auf eigene Kosten zu erobern, zu besiedeln und Städte und Festungen zu errichten. Im Gegenzug dafür hatte er das Recht auf monopolartigen Handel, unter anderem mit Sklaven, das Privileg von Steuererleichterungen, Beteiligung an königlichen Einnahmen und weitere Vergünstigungen. Venezuela wurde aber zum Fiasko: Es wurden keine Investitionen in die zivile Infrastruktur oder in langfristige Geschäftsbeziehungen getätigt. Die Verantwortlichen der Welser vor Ort arbeiteten hauptsächlich in die eigene Tasche, sie beuteten die Menschen und Ressourcen aus, um den kurzfristigen, eigennützigen Erfolg zu sichern. Und die sagenhaften Goldvorräte wurden nie gefunden. Dementsprechend war es schon damals ein Problem, dass die globalen Aufgaben den Führungskräften zeitweise über den Kopf wuchsen. Fehlende Kontrolle, Korruption, Irrglaube in überdurchschnittliche Renditen und die Suche nach dem schnellen Reichtum durch Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen Südamerikas und durch ‚intelligente Finanzmarktgeschäfte‘ führten zum Scheitern des Projekts „Venezuela“ und zu einem ersten Vorboten des späteren Untergangs der Welser. Eine Ähnlichkeit mit der heutigen Finanz- und Schuldenkrise drängt sich auf. Dennoch waren die Welser durch die große Anzahl unterschiedlicher Geschäfte in damaliger Zeit eine der reichsten Familien Augsburgs.
Nach der Kaiserwahl kaufte Bartholomäus Welser in Kooperation mit den Fuggern Anleihen von Kaiser Karl V. mit einem Gesamtengagement von 2,6 Mio. Gulden an. Außerdem musste die Finanzierungen ganzer Schiffsflotten für Südamerikage¬schäfte gestemmt werden. Weitere Kredite an Könige und Fürsten in ganz Europa wurden abgewickelt. Wie sind die damaligen Geldsummen zu bewerten? Wie waren die Größenordnungen dieser Kreditgeschäfte der Welser im Vergleich zur heutigen Zeit?
Die angegebenen Beträge der damaligen Zeit beziehen sich noch auf den alten „Goldgulden“, der bis zur Reichsmünzordnung von 1559 Gültigkeit hatte. Rechnet man den Goldwert dieser Gulden mit der heutigen Kaufkraft hoch, ergibt sich beispielsweise ein Kreditvolumen der Welser gegenüber Karl V. von mindestens 2,5 Mrd. Euro.
Entgegen der landläufigen Meinung waren die Kreditvergaben und Anleihenkäufe keine ‚Bestechungsgelder‘ an den Kaiser, um Bevorzugungen zu erhalten. Bartholomäus Welser legte Wert auf eine ordentliche Rückzahlung, wenn die auch meist verspätet erfolgte. Die Welser verliehen aber auch ‚kleinere‘ Summen an enge Vertraute des Kaisers, um zum einen auf die Tilgung der kaiserlichen Kredite Einfluss nehmen zu können und zum anderen, um Vergünstigungen wie Zollfreiheit, Handelsbevorzugungen und andere Vorteilsnahmen zu erreichen. Hier ist es allerdings vorstellbar, dass man auch mal auf die Rückzahlung eines Kredites verzichtete, wenn der restliche ‚Ertrag‘ stimmte. Äußerst bemerkenswert ist es, dass am Ende der Regentschaft Karl V. in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts kaum noch Kredite an den Kaiser bei den Welsern zu verzeichnen waren, folglich alle Schulden ordnungsgemäß zurückbezahlt worden waren. Was aber waren dann die Ursachen, dass 1614 das Unternehmen von der Bildfläche der Weltgeschichte verschwand?
Zum einen führten die Staatsbankrotte Spaniens und Frankreichs um 1560 zu einem Ausfall im Kreditbereich, der nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen allerdings nur zu temporären Zahlungsschwierigkeiten führte, keinesfalls eine Insolvenz der Welser zu Folge hatte. Zum anderen gab es eine Vielzahl weiterer Problemfelder, die in ihrer Summe schließlich zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben. Langfristige Handelsgeschäfte wurden mit kurzfristigen Krediten finanziert und die Staatsbankrotte führten zu einem Misstrauen innerhalb des Finanzsektors. Es ist anzunehmen, dass Refinanzierungen schwieriger wurden, da das Zinsniveau gestiegen war. Aufkommende Konkurrenz im Pfefferhandel schmälerte überdies die Gewinne. Weitere Gründe finden sich im Familienbetrieb selbst: Die Spitze des Unternehmens wechselte häufig, die Unternehmensleiter nach Bartholomäus Welser waren meist jung und unerfahren. Im Gegensatz zu den Fuggern legten die Welser relativ wenig Kapital in krisensichere Immobilien an. Auch gab es aufgrund unterschiedlicher Konfessionen innerhalb der Familie immer wieder Streit. Letztendlich mussten 1614 die Welser-Teilhaber ‚Bankrott‘ anmelden und das Unternehmen abwickeln. Wie gewonnen, so zerronnen. Die Nachfahren der Bankrotteure und die anderen Familienmitglieder, die sich ihre Anteile rechtzeitig auszahlen ließen, suchten sich neue Einkommensquellen und Betätigungen. So sind Welser in den kommenden Jahrhunderten als Geistliche, Diplomaten, Offiziere und Regierungsbeamte bekannt. Und unsere Schule trägt ihren Namen: WELSER.